Ein G-20-Problem

Der Schweizer Franken macht in letzter Zeit eine interessante Entwicklung durch: Im August 2008 mußte man noch rund 1,63 Franken für einen Euro zahlen. Bis Ende Oktober wertete der Franken auf; es gab auf dem Höchststand nur noch 1,45 Franken für einen Euro. Seitdem schwankt der Wechselkurs relativ stark, im letzten Spätherbst und Anfang März gab es aber deutliche Phasen einer erneuten Abwertung. Im Moment sind wir bei etwa 1,51 Franken pro Euro.

Man kann sich denken, was dahinter steckt. Der Franken bleibt eine Währung, in die man stilvoll fliehen kann, wenn man der Eurozone nicht recht traut. Es gab also in der letzten Zeit eine gewisse, zusätzliche Nachfrage nach Franken. Die Aufwertung und der damit einhergehende relative Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit konnte andererseits den Schweizern in einer Phase dort größer werdender Deflationssorgen natürlich nicht gefallen. Entsprechend reagiert die SNB seit März mit einer expansiven Geldpolitik, in Form von Devisenmarktinterventionen.

Wie viele andere auch betreiben die Schweiz also quantitative easing, also eine immer noch expansive Geldpolitik in einer Situation, in der mit Zinssenkungen nicht mehr viel zu holen ist. Expansive Geldpolitik wiederum wird über kurz oder lang immer zu einer Abwertung der betroffenen Währung führen, und das sehen wir hier ja auch. Was gut für die Schweizer Volkswirtschaft ist, ist zunächst mal schlecht für Ausländer, die sich den Franken als sicheren Währungshafen ausgesucht haben.

Man könnte den Schweizern eine beggar-thy-neighbour-Politik vorwerfen, also einen Versuch, die eigene relative Wettbewerbsfähigkeit durch eine Abwertung der Währung zu erhöhen. Nur geht dieser Vorwurf in der aktuellen Situation fehl: Eine unorthodoxe expansive Geldpolitik ist eine der verbleibenden scharfen Waffen gegen die Krise, und jedenfalls sinnvoller als das leidige Anhäufen exzessiver Budgetdefizite, die am Ende vor allem auf eine Verdrängung privater Kreditnachfrage durch den Staat hinauslaufen.

Und damit haben wir jetzt ein Problem, das im Communiqué des G-20-Gipfels vom 2. April zu finden ist. Da steht einerseits:

Our central banks have also taken exceptional action. Interest rates have been cut aggressively in most countries, and our central banks have pledged to maintain expansionary policies for as long as needed and to use the full range of monetary policy instruments, including unconventional instruments, consistent with price stability.

Schön, Recht so, nur zu. Wenn dann nicht andererseits ein paar Punkte weiter dies hier stünde:

We will conduct all our economic policies cooperatively and responsibly with regard to the impact on other countries and will refrain from competitive devaluation of our currencies and promote a stable and well-functioning international monetary system.

Nur wie das Beispiel Schweiz zeigt, kann jedem Land, das eine unorthodoxe, expansive Geldpolitik betreibt, der Vorwurf gemacht werden, daß es einen Abwertungswettlauf einleitet. Werden die großen Volkswirtschaften die G-20-Vereinbarungen so interpretieren, daß ihr geldpolitischer Spielraum drastisch eingeengt wird? Zum Glück ist nichts in diesem Communiqué wirklich bindend. Wenn es nur Lippenbekenntnisse sind, gibt es also weiter eine sinnvolle Alternative zum hemmungslosen deficit spending.