Konjunkturpolitik 2009

Nach allem, was man derzeit weiß, hatten die Steuererstattungen, die in den USA im Frühjahr 2008 an die privaten Haushalte verteilt wurden, einen positiven Effekt auf deren Konsumausgaben. Besonders profitiert haben davon Ausgaben für haltbare Konsumgüter (beispielsweise Elektronikartikel), aber auch die Ausgaben für Unterhaltung, Dienstleistungen und Nahrungsmittel. Allerdings war dieser Effekt naturgemäß nur kurzfristiger Natur -- es wurde ja auch nur das kurzfristige Einkommen der Haushalte nennenswert erhöht, während ihr permanentes Einkommen praktisch gleich blieb.

Das Programm kostete den amerikanischen Fiskus etwa 100 Milliarden US-Dollar. Ausreichend zur Verhinderung einer tiefen Rezession war dies offensichtlich nicht. Vielleicht ist das nicht einmal überraschend, denn die großen Schwierigkeiten liegen im Kapitalmarkt. Werden die Banken wieder deutlich bereitwilliger Geld an Unternehmen verleihen, wenn die Konsumnachfrage zunimmt? Oder klemmt es dort nicht doch in einer Weise, die eher geschickte Interventionen der Zentralbank im Bankensektor erfordern?

Natürlich ist die traditionelle Geldpolitik an ihren Grenzen angelangt, wenn die Zentralbankzinsen gegen Null gehen. Aber die Fed unter Ben Bernanke zeigt, daß man auch andere Wege gehen kann, um zusätzliches Geld in Umlauf zu bringen. Das Argument, daß die Geldpolitik nichts mehr ausrichten könne und daß nur noch die Fiskalpolitik eine tiefe Rezession verhindern könne, ist jedenfalls nicht ganz wasserdicht. Milton Friedmans Helikopter, der frisches Geld abwirft, wurde noch nicht gesichtet.

Und in Deutschland? Einige Autohersteller müssen verkraften, ein ganzes Viertel weniger Autos als im Vorjahr verkaufen zu können. Vielen Maschinenbauern geht es auch nicht besser, und oft genug ist es gerade eine wegbrechende ausländische Konsum- und vor allem Investitionsnachfrage, die dafür verantwortlich ist. Wie treffsicher wird da ein defizitfinanziertes öffentliches Konjunkturprogramm sein, das möglicherweise doch wieder einmal nur auf eine künstliche Aufblähung der Bauwirtschaft durch öffentliche Infrastrukturnachfrage hinausläufen wird? Zumal es da, wenn man alternativ die Konsumnachfrage stärken wollte, noch ein weiteres Problem gibt: Wie Daniel Gros schreibt, sind deutsche Haushalte im großen und ganzen ziemlich solvent. Ein großer Effekt von defizitfinanzierter Konsum-Ankurbelung wäre aber gerade dann zu erwarten, wenn die Haushalte wenig liquide wären. Wenn also der Staat sich stellvertretend für die Haushalte verschuldet und ihnen Ausgabenspielräume verschafft, die sie aus ihrem eigenen Vermögen nicht mobilisieren können, oder von privaten Banken nicht bekämen.

Es gibt also tatsächlich ein gutes Argument dafür, daß -- selbst wenn man die grundsätzliche Wirksamkeit fiskalpolitischer Stimuli für gegeben hält -- Deutschland hier viel weniger aktiv werden sollte, als etwa Großbritannien. Wenn man doch etwas für den kurzfristigen privaten Konsum tun will, dann würde sich allerdings wohl eine Steuerreform anbieten. Die Tarif in der Einkommensteuer könnte im sogenannten 'Mittelstandsbuckel' endlich abgeflacht werden, dort wo derzeit die Grenzsteuersätze für kleine und mittlere Einkommen besonders schnell steigen, und wo man am ehesten mit einer bindenden Liquiditätsrestriktion rechnen kann.

Letztendlich scheint aber die Gefahr zu bestehen, daß die aktuelle Krise immer mehr als reines Konjunkturproblem wahrgenommen wird, als Liquiditätsfalle, der man mit dem traditionellen fiskalpolitischen Instrumentarium beikommen muß. Zielgenauer wäre es vielleicht, mehr Mikromanagement im Bankensektor zu betreiben, also etwa die Banken tatsächlich zwangsweise mit zusätzlichem (öffentlichem) Eigenkapital auszustatten, und auch darüber hinaus den Sand im Getriebe der Kreditvergabe durch entsprechende Anreize zu beseitigen. Ist es nicht wahrscheinlich, daß wir es hier mehr mit temporären Unvollkommenheiten des Kapitalmarktes aufgrund der Finanzkrise zu tun haben, und nicht so sehr mit einer eigentlichen Liquiditätsfalle?

Aber selbst wenn. Drastisch und bildlich gesprochen: Druckt Geld, werft es vom Hubschrauber ab. Selbst wenn die Haushalte zunächst Deflationserwartungen haben: Ab einer bestimmten Zahl von Helikopterladungen wird sich das ändern, sie werden es ausgeben, und da haben wir den Stimulus. Die angebliche Wirkungslosigkeit der Geldpolitik überzeugt mich nicht.