Wertlose Ökonomik?

Uwe Reinhardt, Professor in Princeton, hat in zwei Beiträgen im Economix-Blog der New York Times ein wenig Kollegenschelte betrieben (zu finden hier und hier). Tenor seiner Kritik: (i) theoretische Ökonomik ist wertlos, weil sie auf unrealistischen Annahmen beruht (individuelle Rationalität etc.), daher die Welt nicht versteht und folglich auch die aktuelle Finanzkrise nicht prognostiziert hat, (ii) empirische Ökonomik hilft uns auch nicht weiter, da sie lauter sich widersprechende Resultate generiert und (iii) daraus folgt, daß Ökonomen in politischen Diskussionen nicht getraut werden kann, da sie sich je nach eigenem politischen Standpunkt zur Untermauerung dieser Position jeweils die Ergebnisse heraussuchen, die ihnen in den Kram passen.

Überzeugend finde ich das nicht. Der Sinn theoretischer Modelle ist es nie, ein exaktes Abbild der Realität zu liefern. Sie sollen empirisch überprüfbare Hypothesen generieren. Wenn man sich die Standard-Annahme individueller Rationalität und Eigennutzorientierung ansieht, als wirklich harten und selten hinterfragten Kern ökonomischer Modelle, dann frage ich mich einfach, was die Alternative dazu wäre. Reinhardt schlägt auch keine vor.

Und was seinen kritischen Punkt der fehlenden Prognose der Finanzkrise angeht: Er weist ja selbst darauf hin, daß es Ökonomen wie Robert Shiller oder Nouriel Roubini gab, die es eben doch früh vorhergesehen haben. Das sind aber auch keine Exoten, sondern Leute, die mit ihren Forschungsmethoden im Mainstream stehen. Der Unterschied ist nur, daß sie Informationen anders gewichtet und interpretiert haben, als die Mehrheit es getan hat. Wenn es bei der Mehrheit ein Versagen gab, dann doch wohl weniger auf der Ebene der Forschungsmethoden, als beim paßgenauen Verknüpfen von allgemeinen, aus der Forschung gewonnenen Hypothesen mit den konkreten, aktuellen Informationen, wie beispielsweise Hauspreisindikatoren.

Jeder Meteorologe hat gute Erklärungen dafür, unter welchen Umständen Gewitter entstehen können, aber trotzdem werden gelegentlich sogar Meteorologen beim Bergwandern von Gewittern überrascht. Das macht sie nicht zu schlechten Forschern und die Meteorologie nicht zu einer unnützen Wissenschaft. Es entlarvt sie höchstens als unaufmerksame Bergwanderer.