Zimbabwe für die Eurozone
Robert von Heusinger, Journalist bei der Frankfurter Rundschau, ist unzufrieden mit den Empfehlungen deutscher Ökonomen, genauer gesagt mit dem europäischen Stabilitätspakt und den Fesseln, welche dieser der Finanzpolitik in der Eurozone anlegt:
Es ist der verdammte Stabilitätspakt, den deutsche Super-Ökonomen ersonnen haben, die vom Kapitalismus noch nie richtig viel verstanden haben. [...] Es ist die fatale deutsche Sichtweise, dass wenn alle nur ihre Hausaufgaben machen, Koordinierung sich erübrigt. So sagt es zum Beispiel Super-Ökonom Otmar Issing, der Ex-Chefvolkswirt der EZB und heute Ober-Finanzmarktregulierer der Kanzlerin.
Der Größte Wirtschaftsjournalist der Welt weiß natürlich, wie man es hätte besser machen können:
Zunächst kurz zum eigentlichen Problem: In der Eurozone ist es der Zentralbank untersagt, den Regierungen der einzelnen Länder direkt Staatsanleihen abzukaufen. Damit steht den Euroländern die Option, im Notfall Geld zu drucken, um die Staatsschuld zu bedienen, nicht zur Verfügung.
Und beim Lesen dieser Zeilen ist mir dann vor Fassungslosigkeit fast der Tee auf die Tastatur gefallen. Man muß schon an ökonomischem Alzheimer leiden, um all die Hyperinflationen vergessen zu haben, zu denen es kam, als Regierungen ihre Verschuldung über die Notenpresse finanzieren durften. Heusinger möchte dem Markt seine Zähne ziehen und dafür sorgen, daß sich die Mitgliedstaaten der Eurozone unbegrenzt verschulden können, und zwar bei einer EZB, deren Unabhängigkeit er an anderer Stelle auch schonmal kritisiert hat. Wenn niemand mehr zu niedrigen Zinsen seine privaten Ersparnisse in Staatsanleihen hoch verschuldeter Euroländer anlegen möchte, weil er das Ausfallrisiko für zu hoch hält, dann geht der Finanzminister eben zur EZB. Oder noch besser: eine "europäische Wirtschaftsregierung" verpflichtet die EZB, Staatsanleihen zu kaufen, und das alles zu einer Verzinsung unterhalb des vom Markt geforderten Niveaus.
Man muß es so klar sagen: Das Problem mit solchen Vorschlägen ist die unfaßbar große Naivität gegenüber dem politischen Prozeß, die ihnen zugrunde liegt. Heusinger glaubt, daß eine nicht mehr von formalen Regeln eingeengte europäische Finanz- und Geldpolitik schon das richtige tun (also: seinen Empfehlungen folgen) wird. Die Erfahrung dagegen lehrt, daß unrestringierte, eigennützige Finanzpolitiker uns eher nach Zimbabwe als nach Heusingtopia führen würden.
Odysseus hatte einen guten Grund, als er sich in der Nähe der Sirenen an den Mast fesseln ließ. Nicht umsonst ziert er daher das Titelblatt des Journals Constitutional Political Economy. Ob wir wohl darauf hoffen dürfen, daß die Heusingers dieser Welt die konstitutionelle, mehr an sinnvollen Regeln als an kurzfristigem Herumlavieren interessierte Perspektive je verstehen werden? Wahrscheinlich nicht.
Es ist der verdammte Stabilitätspakt, den deutsche Super-Ökonomen ersonnen haben, die vom Kapitalismus noch nie richtig viel verstanden haben. [...] Es ist die fatale deutsche Sichtweise, dass wenn alle nur ihre Hausaufgaben machen, Koordinierung sich erübrigt. So sagt es zum Beispiel Super-Ökonom Otmar Issing, der Ex-Chefvolkswirt der EZB und heute Ober-Finanzmarktregulierer der Kanzlerin.
Der Größte Wirtschaftsjournalist der Welt weiß natürlich, wie man es hätte besser machen können:
Zunächst kurz zum eigentlichen Problem: In der Eurozone ist es der Zentralbank untersagt, den Regierungen der einzelnen Länder direkt Staatsanleihen abzukaufen. Damit steht den Euroländern die Option, im Notfall Geld zu drucken, um die Staatsschuld zu bedienen, nicht zur Verfügung.
Und beim Lesen dieser Zeilen ist mir dann vor Fassungslosigkeit fast der Tee auf die Tastatur gefallen. Man muß schon an ökonomischem Alzheimer leiden, um all die Hyperinflationen vergessen zu haben, zu denen es kam, als Regierungen ihre Verschuldung über die Notenpresse finanzieren durften. Heusinger möchte dem Markt seine Zähne ziehen und dafür sorgen, daß sich die Mitgliedstaaten der Eurozone unbegrenzt verschulden können, und zwar bei einer EZB, deren Unabhängigkeit er an anderer Stelle auch schonmal kritisiert hat. Wenn niemand mehr zu niedrigen Zinsen seine privaten Ersparnisse in Staatsanleihen hoch verschuldeter Euroländer anlegen möchte, weil er das Ausfallrisiko für zu hoch hält, dann geht der Finanzminister eben zur EZB. Oder noch besser: eine "europäische Wirtschaftsregierung" verpflichtet die EZB, Staatsanleihen zu kaufen, und das alles zu einer Verzinsung unterhalb des vom Markt geforderten Niveaus.
Man muß es so klar sagen: Das Problem mit solchen Vorschlägen ist die unfaßbar große Naivität gegenüber dem politischen Prozeß, die ihnen zugrunde liegt. Heusinger glaubt, daß eine nicht mehr von formalen Regeln eingeengte europäische Finanz- und Geldpolitik schon das richtige tun (also: seinen Empfehlungen folgen) wird. Die Erfahrung dagegen lehrt, daß unrestringierte, eigennützige Finanzpolitiker uns eher nach Zimbabwe als nach Heusingtopia führen würden.
Odysseus hatte einen guten Grund, als er sich in der Nähe der Sirenen an den Mast fesseln ließ. Nicht umsonst ziert er daher das Titelblatt des Journals Constitutional Political Economy. Ob wir wohl darauf hoffen dürfen, daß die Heusingers dieser Welt die konstitutionelle, mehr an sinnvollen Regeln als an kurzfristigem Herumlavieren interessierte Perspektive je verstehen werden? Wahrscheinlich nicht.
Jan Schnellenbach - 28. Februar 2009 um 13.07 Uhr